Test der neuen 2013er Kawasaki's auf der WM-Strecke in Teutschenthal
Wir waren auch heuer wieder zur Presse-Präsentation und Test der neuen Kawasaki Modelle eingeladen und diese Chance die grünen Renner vorab schon mal zu fahren liessen wir uns natürlich nicht entgehen. Dieses Mal ging es auf die WM-Strecke nach Teutschenthal. Ein einzigartiger Track, vom WM-Kalender kaum mehr wegzudenken. Die Strecke in Teutschenthal ist mehr oder weniger eine riesige Grube wo die Streckenführung in einer Art Achterbahn verläuft und die Zuseher rundherum sitzen, quasi nach unten sehen wie in einem steilen Fussball-Stadion oder vor 2000 Jahren in einem Kollosseum als die Gladiatoren von Löwen gefressen wurden. Naja, die Zeiten sind vorbei aber Gladiatoren gibt's noch immer ;-) Ausserdem ist die Strecke für die Zuseher super zum Rundherumgehen und bietet einen super Überblick. Beim MXDN nächstes Jahr wird Teutschenthal ein tobender Hexenkessel sein der am Rande der Explosion steht wenn Ken Roczen vom Startgitter loszischt Das ist schon mal garantiert und ihr solltet euch die Karten dafür frühzeitig sichern. Mehr als 30-40.000 werden da nicht reinpassen schätzen wir mal, wird also eng werden. 

 

Teutschenthaler Achterbahn - Einzigartig im WM-Zirkus
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Aber kommen wir zurück zum Test. Wir schickten wieder mal Phil Buchegger zum Testfahren der edlen neuen grünen Geräte mit welcher Ryan Villopoto & Co. in der US-Szene gewaltig Staub aufwirbeln. Phil:"Wir trafen uns am neuen Flughafen-Terminal in Wien zum Abflug nach Teutschenthal. Mannomann, dieser Terminal ist so gross wie ganz Dechantskirchen, man braucht schon fast ein Navi um das Abflug-Gate zu finden. Geflogen wurde wieder mal mit einer extrem lauten Propeller-Maschine. Ok, Lärm ist man ja als 4-Takt Crosser gewohnt aber in mehreren tausend Metern hören sich die Zündaussetzer von dem Propellerer schon etwas mulmiger an als am Boden auf einem MX-Bike." Der Test in Teutschenthal wurde wieder mal perfekt organisiert. Phil standen 6 Sessions zu je 20 Minuten zur Verfügung um die 2013er 250er und 450er Kawa's zu testen. Mit dabei auch wieder Journalisten aus allen möglichen Ländern." Phil:"Besonders beeindruckt hat mich eine Polin. Es kommt ja selten vor dass auch Damen bei Tests dabei sind aber die ist angebrannt! Das war echt beeindruckend." 

Für Philipp ging es durch Linsengulasch, Naturschnitel mit Nudeln und Streuselkuchen gestärkt gleich ans Werk. Allerdings wollen wir euch vorher noch einige der neuen Features der neuen 2013er Kawa's vorstellen bevor es um die Fahreindrücke geht. 
  
KX250F 

Die kleine 4-Takter von Kawa haben viele Crosser seit ihrer Markteinführung total lieb gewonnen. Lange schon bevor Villopoto in den USA damit durch die Stadien wütete. Die 250er Kawa war schon immer bekannt dafür einen kräftigen Murl und ein sehr agiles Handling zu haben. Die tolle grüne Optik dazu ... was will man mehr. Die neue kleine 2013er Kawa hat damit natürlich nicht mehr viel zu tun als mit dem Bike anno dazumal. Mittlerweile sind die Ansprüche selbst für Hobby-Crosser so gewachsen dass teilweise sogar schon Werksmaterial in solchen Bikes verbaut wird. Alles was beim Vorjahresmodell gut war bleibt natürlich auch weiterhin drin. Z.B. das duale Einspritz-System welches aus dem Supersport-Bike Bereich kommt. Da liefert die obere Einspritzdüse zusätzlich Explosionsstoff für den Murl wenn dies notwendig ist. Die Einspritzdüsen wurden gegenüber dem Vorjahresmodell auch vergrössert, es fliesst ca. 20% mehr Treibstoff in den Brennraum als bei der 450er zum Vergleich. Ein um 0,1 mm niedrigerer Zylinder sorgt für mehr Kompression als bei dem 2012er Modell. 

 

Extrem handlich, wendig, agil - herumzuwerfen wie ein MTB

Wie bei der 450er gibt es 3 verschiedene Mapping-Stecker. Hart, Soft und Standard-Mapping. Zusätzlich ist es bei der 250er (wie auch bei der 450er) möglich sich ein KX FI Calibration Kit anzuschaffen und sich seine Mappings selbst zu erstellen. Das Feature des Dataloggings zeichnet bis zu 6 Stunden an Daten auf die damit ebenfalls ausgelesen werden können.  

Bei der 250er wurde der Kühler verstärkt und eine Art Power-Bomb am Auspuff integriert um das Biest nicht so laut brüllen zu lassen. Diese Power-Bomb schaut etwas wild aus, wird aber unter einem Hitzeschild versteckt. Die Schwinge wurde etwas verändert um das Bike noch wendiger zu machen. Dem Bike wurde, wie auch der 450er, ein flacheres Design von Tank und Sitzbank verpasst. Die 250er hat jetzt nur noch 6,1 Liter Tankinhalt gegenüber vorher 7,2. Man hat den Benzinverbrauch mit der Einspritzung seitens Kawasaki trotz der grösseren Einspritzdüsen gut im Griff, darum der kleinere Tank, und ein weiterer Vorteil ist auch weniger Masse. Auch wurde der Tankinhalt selbst noch weiter nach unten verlagert um einen tieferen Schwerpunkt zu haben. 

Der neue Rahmen ist um 4 mm schmäler als im Vorjahr, die Griffe wie bei der 450er um 1 cm länger. Beide haben Renthal-Lenker montiert deren Position 4-fach verstellbar ist.Ebenfalls haben beide Modelle neue kantige Kotflügel und Number-Plate's sowie schwarze Felgen. 

In der SFF Type 2 Gabel von Showa ist rechts die Hauptfeder drinnen. Die Innenrohre wurden von 47 auf 48 mm vergrössert. Mit der superharten dunkelblauen Titanbeschichtung sehen diese echt cool aus. 

 

Auf, Ab, Rundherum - Teutschenthal hat das alles zu bieten

Fahreindruck 
Phil:"Von Showa sowie Kayaba waren eigens Techniker mit dabei. Die waren so um uns bemüht dass sie uns fast schon nachgelaufen sind im Fahrerlager um unsere Meinung einzuholen. Die Showa Gabel bei der 250er hat super funktioniert, sehr feinfühlig reagiert und war auch super zum Einstellen. Das Standard-Setup war mir anfangs etwas zu weich und nach 2 Klicks vorne und ein wenig Drehen hinten lag sie nach meinem Setup-Stop beim Showa-Techniker komplett anders. So schnell machen sich da 2 Klicks bemerkbar. In der Gabel selbst hat sich von technischer Seite aus nicht so viel getan, die war auch im Vorjahr schon sehr gut. Sie wurde hauptsächlich nur modernisiert. Beim Springen steckt sie jeden härteren Aufsprung super weg, auch kleinere Löcher beim Anbremsen z.B. sind für sie kein Problem. Man kann sagen die 250er klebt mit der Showa fast am Boden. Da gibt es kein Nachschlagen oder irgendein anderes unangenehmes Verhalten. 

Murl 
Vom Motor war ich von der neuen 250er überrascht. Natürlich darf man sich keinen Punch wie bei einer 450er erwarten, es ist eben ein kleinkubikiger Motor, aber in der 250er Liga spielt die Motorleistung der kleinen Kawasaki sicher vorne mit. Von den 3 Mappings bevorzuge ich bei der 250er das Standard-Mapping. Mit dem giftigen Mapping wird der Drehmoment sonst zu weit nach unten verlagert und dies fehlt ihr dann etwas oben raus. Mit dem Standard-Mapping hingegen dreht sie oben super raus und ist sehr angenehm zu fahren. Auch bleibt der Motorlauf mit dem Standard-Mapping nach oben raus viel ruhiger. Gegenüber der 2012er dreht sie noch ruhiger nach oben hin raus, den Leistungszuwachs kann man sofort feststellen. 

Was mir an der 250er Kawa gefällt, sie ist sehr unkompliziert zu fahren, sehr wendig, fällt super in die Kurven rein und beschleunigt aus den Anliegern sehr gut raus. Was mir sofort aufgefallen ist, auch bei der 450er Kawa, war dass die neuen Bremsen nun weitaus besser funktionieren als in den vorjährigen Modellen. Gegenüber KTM z.B. hatte Kawasaki bei den Bremsen immer etwas einen Nachteil in den letzten Jahren. Nun haben diese gleich gezogen, die Bremsleistung der neuen 2013er Kawa's ist mindestens gleich gut wie bei den KTM's. Diese sind super dosierbar, man hat beim Anbremsen das Gefühl man kann die Bikes millimetergenau in die Anlieger reinzirkeln und das mit nur einem Finger am Hebel. 

Lautstärkemässig ist die 250er Kawasaki sicher am Limit. Angeblich soll sie mit einer Akrapovic Anlage sogar leiser sein als mit der Serien-Anlage. Das sehr gute Zusammenspiel der Einspritzung mit Motor und Serienauspuff stellt die Frage ob man überhaupt auf eine Nachrüst-Auspuffanlage wechseln sollte. Da vertut man sich vielleicht mehr als man gewinnt. 

 

KX450F 
  

Die grosse Grüne hat für 2013 einen überarbeiteten Kolben bekommen, um 0,2 mm niedriger als der von 2012, samt neuer Oberfläche. Die Einlasskanäle wurden überarbeitet, neue Mappings bei allen 3 Varianten (Hart, Soft, Standard). Wie die 2012er hat sie Launch Control welche euch beim Start den notwendigen Vorsprung beim Kampf um den Holeshot sichern soll. Mit der Kayaba Pneumatic Spring Fork (PSF), sozusagen der Druckluft-Gabel ;-), setzt Kawasaki bei der 450er auf Kayaba und eine technische Neuheit gegenüber der 250er welche ja mit Showa ausgestattet ist. Diese Kayaba-Gabel hat dadurch eine Gewichtsersparnis von satten 750g und wird einfach mit einer Luftpumpe härter oder weicher eingestellt. Natürlich hat sie dennoch Druck- und Zugstufe. Sie hat dadurch einen sehr grossen Setup-Bereich, ausserdem weniger Reibung (Luft statt Feder). Die Einstellung des Luftdruck's der neuen Kayaba Gabel erfolgt simpel mit einem Adapter den man oben auf die Gabel setzt und danach eine beliebige Luftpumpe mit Manometer anschliesst. Am Hinterrad gibt es eine neue Aufhängung des Uni-Trak Systems. Die Fussrasten sind 2-fach verstellbar, um 5mm tiefer als Standard. 

Fahreindruck 
Phil:"Mehr noch als die 250er hat mich die 450er beeindruckt. Im Speziellen wie wendig das Motorrad ist und auch wie gut der Motor dosierbar ist. Im Gegenteil zu manch anderer 450er die brutal bissig ist, ist die KX450F am Gasgriff super zu dosieren und dreht sehr sauber raus. Bei der Wendigkeit hat Kawasaki bei der 450er neue Maßstäbe gesetzt. Die lässt sich fast schon fahren wie die 350er KTM, fällt von selbst in die Kurven rein und man hat beinahe das Gefühl man hat eine 250er anstatt einer 450er unterm Hintern bezüglich Handling.  

Im Gegensatz zur 250er kann man darauf verzichten zu den Tables hin Anlauf nehmen zu müssen, der Motor beschleunigt derart kräftig unten raus dass man auch mit einem kurzem Anlauf über jeden der 20m-Table's in Teutschenthal kommt. Mit der sanften Mapping-Einstellung ist die 450er aber sicher auch für jeden Hobby-Crosser leicht zu fahren und zieht einem nicht die Ärmel lang. Ich hätte mir nicht gedacht dass mir die 450er Kawa in Teutschenthal soviel Spass machen könnte. Auch optisch wurde die 450er wie auch die 250er verändert. Z.B. die Öl-Einfüllschraube ist jetzt blau eloxiert und der grausliche Gummi-Wuppel damit Vergangenheit, ebenfalls der bisher dunkelgraue Kupplungsdeckel der sich immer sofort abwetzte wurde durch einen neu gerillten hellen Deckel ersetzt.  

Die Vorderbremse der 450er weist jetzt eine gezackte Scheibe auf und spricht super an. Es wurde bei dem neuen Bremssystem bei der 450er auch auf eine neue Geometrie Wert gelegt um eine bessere Hebelwirkung zu erzielen. Auch die Geometrie der Schwinge wurde etwas geändert um diese erstaunliche Wendigkeit zu erzielen. Die 450er hat jetzt einen weissen, die 250er einen schwarzen hinteren Kotflügel. 

Das neue Kayaba Fahrwerk liegt sehr ruhig. Da wurde ja die Hauptfeder komplett durch eine Luftfederung ersetzt. Kayaba testete dieses neue System 5 Jahre lang bis es heuer auf den Markt kam. Man wollte wirklich 100%ig sicher sein dass es fehlerfrei arbeitet und ja keine Luft während des Fahrens entweicht. Diese neue Gabel reagiert sehr weich und feinfühlig. Speziell die Beschleunigungs- und Anbremslöcher schluckt sie super weg und reagiert fast ähnlich gleich gut wie eine Kayaba Kit Gabel. Was mir aber aufgefallen ist war dass sie etwas schneller raus kommt als eine gewöhnliche Gabel. Hier muss man sich etwas mit der Zugstufe beschäftigen um dies wegzubekommen, das war anfangs etwas ungewohnt für mich. Das Federbein selbst reagiert sehr gut, arbeitet gleich ruhig wie das Showa-Federbein bei der 250er." 
  

Fazit 
Phil:"Die 450er ist mein heimlicher Favorit. Mit etwas mehr Punch als mit den 250er Bikes zu fahren macht einfach Spass. Die beiden Fahrwerke arbeiten ziemlich gleich gut. Deshalb würde ich meine Kaufentscheidung nicht nur aufgrund dessen für das eine oder andere Bike treffen. Klar hat die 450er mit Kayaba das neue interessantere Fahrwerk aber das Showa-Fahrwerk in der 250er ist sicher gleich gut. Einzig bei harten Landungen von weiten Sprüngen steckt die Kayaba die kleinen nachfolgenden Löcher vielleicht noch besser weg. Ansonsten, die Motorleistungen aller Hersteller steigen von Jahr zu Jahr und auch das Handling der neuen Bikes hat sich in den letzten Jahren enorm weiter entwickelt. Dass die Serienbikes den Werksbikes immer ähnlicher werden kommt auch den Hobby-Crossern sehr zugute. Kawasaki möchte in vorderster Reihe dabei sein um den Hobby-Crossern ein Top-Serienmaterial zu liefern und das ist ihnen mit den neuen 2013er Modellen sicher gelungen."